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Pinco und Pallina

"Pinco Pallino" ist im Italienischen ein reiner Fantasiename, so etwa wie "Hinz und
Kunz" oder "Lieschen Müller" auf Deutsch. Pinco und Pallina ® hingegen sind neugierige Kinder, die Fragen stellen, die Erwachsenen manchmal gar nicht erst einfallen. Und manchmal entdecken sie tolle Sachen und erzählen dann davon.

Genau genommen haben Pinco und Pallina weder ein bestimmtes Alter, noch haben sie bislang Gesichter. Ob mir wohl Stefanie Duckstein dabei hilft? Ihr Buch "Paula, die Tierpark-Reporterin" gefällt mir auf jeden Fall sehr gut. Auch gibt es sicher noch viele Dinge, die Pinco und Pallina im Cilento erleben und entdecken können, vieles was sie wissen möchten. Vielleicht möchten sie Deutsch lernen und vielleicht könnten sie Euch ja auch Italienisch beibringen, z.B. "Un gelato al limone per piacere!". Über Zeichnungen, Geschichten und Ideen würde ich mich sehr freuen. Die fünf Vorschläge, die mir am besten gefallen, werden mit einem Cilento aktiv-Reiseführer der nächsten Auflage belohnt.

Peter Amann

Steine, die schwimmen

Am Strand liegt so alles Mögliche, leider auch Plastikflaschen (siehe auch "Mysteriöse braune Bälle am Strand"). Guckt man aber genauer hin, entdeckt man oft weiße Steine mit vielen winzigen Löchern. Wirft man sie ins Wasser und schwimmen sie, ist es Bimsstein (oder Gasbeton).

Der Bims an den Cilentoküsten wird von der Äoleninsel Lipari übers Meer heran getrieben. Blasenreicher Bims entsteht bei Vulkanausbrüchen, bei denen eine Menge Gase die ausgeworfene Lava aufschäumen. Das ist so ähnlich, als ob man Eiweiß mit dem Schneebesen aufschlagen würde. In der letzten Phase des Ausbruches kann vollständig entgaste Schmelze ausfließen und zu dem Vulkanglas Obsidian erstarren. Unterschiedlicher könnten die beiden Vulkangesteine nicht sein: Weiß und leicht der Bims, schwarz und hart der Obsidian.

Obsidian in Gestalt scharfer Klingen war während der Steinzeit ein Exportschlager Liparis. Einige dieser Klingen kann man auch im Archäologischen Museum von Paestum entdecken. Bims wird heute noch als Scheuermittel verwendet. Ohne Bims gäbe es zum Beispiel keine "stonwashed" Jeans.

Der Kaugummistrauch

Ein Strauch zum kauen? In Küstennähe wächst häufig ein bis zu vier Meter hoher Busch, dessen immergrüne Blätter auffällig paarig gefiedert sind. Auffällig ist auch, dass im Sommer die Blätter des Mastix-Strauches (Pistacia lentiscus) besonders frisch und grün aussehen. Aus dem Harz der Rinde gewannen die alten (eine ebenso gebräuchliche, wie unglückliche Formulierung) Griechen den Vorläufer des heutigen Kaugummis. Die älteren Bauern im Cilento wissen das noch heute und kauen jeden Tag ein paar frische Blätter. Das soll gut sein für frischen Atem und festes Zahnfleisch. Das probieren Pinco und Pallina gleich aus. Allerdings schmecken die Blätter ein bisschen bitter und Kaugummiblasen blasen klappt auch nicht. Auf jeden Fall sind die Blätter nicht giftig.

Schon Plinius, Dioskurides, Theophrastus, Hippokrates oder Galen, berühmte Ärzte und Wissenschaftler der Antike, haben Mastix als Heilmittel empfohlen. Auch gegen Magenbeschwerden soll es helfen. Das Harz diente damals zum Verkleben von Wunden, so wie heute Spraypflaster. Das italienische Wort für "kauen" heißt übrigens "masticare". In Griechenland kann man heute noch Mastix-Kaugummi kaufen. Der Mastix-Strauch ist überhaupt ein praktisches Gewächs: Der griechische Retsina-Wein vedankt Mastix seinen harzigen Geschmack, Theater- und Film-Bärte werden mit Mastix-Kleber angeklebt und Pizzabäcker heizen ihre Öfen am liebsten mit dem harten Pistazienholz ein.

Eine naher Verwandte des Mastix-Strauchs ist übrigens die Echte Pistazie, die ursprünglich aus dem Iran stammt. Sieht man sich im Herbst und Winter die reifen, winzigen Mastix-Früchte mit der Lupe an, erkennt man eine gewisse Ähnlichkeit.

Gedanken, schneller als eine Schildkröte

In Vélia lebte im 5. Jh. v. Chr. ein Philosoph, das heißt ein Freund der Weisheit,
mit dem Namen Parmenides. Von ihm stammt der Satz "Das Sein ist". Er behauptete, es gäbe keine Veränderung, keine Bewegung, eben nur Sein. Und darüber ließ er nicht mit sich diskutieren. Einer seiner Schüler, Zenon, versuchte es doch. Wenn jemand behauptete: "Wieso? Ich habe mich doch bewegt. Ich bin doch von Hamburg bis hierher nach Vélia gereist", antwortete Zenon: "Das meinst (Meinung hieß auf Alt-Griechisch "doxa") nur du. Du kannst dich gar nicht bewegt haben. Du wärest nie ans Ziel gekommen."

Und so funktioniert Zenons Beweis gegen (auf Griechisch "para") die "doxa": Halbieren wir erst einmal die Strecke Hamburg – Vélia. Wenn wir es mit der Geografie nicht so genau nehmen, könnte der Mittelpunkt am Brenner liegen. Auch um diese Strecke zurückzulegen, bräuchte man Zeit, mit der Bahn etwa 10 Stunden. Bevor man allerdings den Brenner erreicht, müsste man erst den Mittelpunkt der Strecke Hamburg – Brenner überwunden haben, sagen wir Nürnberg. Und auch dafür bräuchte man Zeit, nicht mehr so viel, aber immerhin. Nun kann man die Strecke unendlich oft halbieren, behauptete Zenon, und daraus folgt logisch, dass man unendlich lange Zeit bräuchte, all diese Teilstrecken zurückzulegen (verspätet sich deswegen die Deutsche Bahn so oft?). Man kann also gar nicht ankommen. Man ist. Das Sein ist. Na?

So ähnlich funktioniert auch das Rennen zwischen dem langsamsten
Tier der Welt, der Schildkröte, und Achill, dem schnellsten Sprinter Griechenlands. Aus Fairness bekommt die Schildkröte einen Schritt Vorsprung, bevor das Rennen startet. Aber Achill wird sie nie einholen, auch das ein Paradox. Aber das lasst ihr euch besser von euren schlauen Eltern erklären.

Mysteriöse braune Bälle am Strand

An Badestränden wird zu Saisonbeginn immer kräftig sauber gemacht. Dann kommen große Bagger und schieben all den Müll weg, der im Winter angespült worden ist – Plastikflaschen, Styropor und jede Menge brauner Algen (denkt man). Die vermeintlichen Algen sind die abgerissenen Blätter des See- oder Neptunsgrases (Poseidonia oceanica), das unter Wasser große Wiesen bilden kann.Nur sauber und klar muss das Wasser sein.

Beim Schnorcheln stellt man schnell fest, dass die Seegraswiesen die "Kinderstuben" vieler Fische sind. Bis sie groß genug sind, um ins offene Meer hinauszuschwimmen, finden sie hier Schutz und Nahrung.

An Naturstränden, wo die Blätter im Lauf des Sommers zerfallen, werden die übrig gebliebenen Fasern von den Wellen erst zu kleinen, dann zu immer größeren Bällen gerollt. Irgendwann bläst der Wind die braunen Faserbälle ein Stück weit ins Land. Dort sammeln sie sich zu großen Wällen und bilden den Dünen ein sicheres Fundament. Das kann man z. B. an den kilometerlangen Stränden zwischen dem Capo Palinuro und Marina di Camerota beobachten. Doch Vorsicht – nicht die angelegten Stege verlassen, die Dünen sind sehr trittempfindlich!

Der erste Cilento-Führer!
6. Auflage 2015 komplett überarbeitet und in Farbe.

2. Auflage 2018! Kultur + Kulinarik = Kampanien. 7 X Cilento.

Premio-ENIT "Bester Reiseführer Italien 2011"
8. Auflage 2018/19 komplett neu!

Vor diesem Kollegenbuch ziehe ich den Hut und empfehle es rückhaltlos!

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